Mittelohrentzündung (Otitis media)

Eine Mittelohrentzündung – in der medizinischen Fachsprache auch Otitis media genannt – ist eine der am häufigsten vorkommenden Infektionskrankheiten im Baby- und Kindesalter. Die Erkrankung ist für die Kleinen oft eine große Belastung und macht sich durch starke Schmerzen, Abgeschlagenheit und Fieber bemerkbar. Erfahren Sie hier, wie Sie eine Mittelohrentzündung erkennen und wann welche Therapie am sinnvollsten ist, um dem Nachwuchs zu helfen.
Das passiert bei der Mittelohrentzündung
Die Mittelohrentzündung, in der medizinischen Fachsprache als Otitis media bezeichnet, ist eine Erkrankung, die besonders häufig bei Babys und Kindern vorkommt. Betroffen sind die Kleinen vor allem zwischen dem sechsten Monat sowie dem sechsten Lebensjahr. Statistischen Angaben zufolge leiden die meisten Kinder in den ersten Lebensjahren unter einer Entzündung des Mittelohres.
Für diese Häufigkeit gibt es unterschiedliche Gründe: Zum einen haben Kinder im Vergleich zu Erwachsenen eine kürzere und geradere Verbindung zwischen dem Nasen-Rachenraum sowie dem Mittelohr, was dazu führt, dass Krankheitserreger leichter aus dem Rachen ins Ohr gelangen können. Diese sogenannte Eustachische Röhre (Ohrtrompete) ist zudem auch enger und schwillt bereits bei kleinen Entzündungen leicht an. Im Mittelohr kann der Druckausgleich nicht mehr ordnungsgemäß stattfinden und auch der Sekretabfluss ist beeinträchtigt: Infolgedessen kommt es zu einer Mittelohrentzündung.
Als Risikofaktoren gelten neben einem jungen Lebensalter noch eine Flaschennahrung, das Benutzen von Schnullern sowie das Vorliegen von Allergien oder Vorerkrankungen wie zum Beispiel eine Gaumenspalte oder eine HIV-Infektion. Darüber hinaus muss auch das Immunsystem der Kleinen erst noch ausreifen.
Eine akute Mittelohrentzündung verursacht im Allgemeinen plötzliche und starke Ohrenschmerzen. Der Auslöser einer Otitis media ist dabei meist eine Erkältung. Um weitere Komplikationen frühzeitig zu vermeiden, sollte daher bei stechenden Ohrenschmerzen immer der Kinderarzt bzw. ein HNO-Arzt kontaktiert werden.
Im ICD-10, dem internationalen Krankheitsverzeichnis, findet sich die Mittelohrentzündung im Kapitel „Krankheiten des Mittelohres und des Warzenfortsatzes“ unter den Nummern H66.0-H66.9.
Was ist eigentlich das Mittelohr?
Das Mittelohr ist der mittlere Abschnitt des menschlichen Hörorgans, das sich zwischen dem Trommelfell und dem Innenohr befindet. Es umfasst das Trommelfell (Membrana tympani), die Paukenhöhle (Cavum tympani) sowie die Ohrtrompete (Tuba auditiva eustachii).
Das Trommelfell, das hauptsächlich aus einem straffen Bindegewebe besteht, befindet sich am Ende des knöchernen Gehörgangs und trennt den äußeren Gehörgang von der Paukenhöhle ab. Im Inneren der Paukenhöhle liegen die drei Gehörknöchelchen, „Hammer“, „Amboss“ und „Steigbügel“: Das sind die kleinsten Knochen des menschlichen Körpers, die die Schallwellen weiter ins Innenohr übertragen.
Ebenfalls zum Mittelohr gehört die Ohrtrompete, die auch als Tube oder Eustachische Röhre bezeichnet wird. Die Ohrtrompete ist die Verbindung zwischen dem Rachenraum und dem Mittelohr. Sie sorgt für eine regelmäßige Mittelohrbelüftung und dadurch für einen optimalen Druckausgleich, etwa beim Fliegen oder beim Tauchen.
Bei einem grippalen Infekt kann es dazu kommen, dass krankmachende Erreger aus dem Nasen-Rachenraum über die Eustachische Röhre ins Mittelohr aufsteigen und dort eine Entzündung hervorrufen. Zudem schwillt die Ohrtrompete durch eine Erkältung zu, weshalb der Druckausgleich nicht mehr gewährleistet werden kann (siehe oben).
Mittelohrentzündung Symptome
Eine Mittelohrentzündung ist sehr unangenehm und mit starken Schmerzen verbunden. Das ist nicht nur bei erwachsenen Menschen so, sondern auch bei den Kleinsten. Je nachdem, wie alt die erkrankten Kinder sind, können sie ihre Schmerzen und Beschwerden verbal nicht wirklich gut zum Ausdruck bringen. Bei ihnen zeigen sich daher eher Anzeichen des Unwohlseins wie zum Beispiel häufiges Greifen ans Ohr, leichte Reizbarkeit und Unruhe.
Oftmals schreien die Kleinen auch mehr als sonst, insbesondere dann, wenn das Ohr bzw. der Warzenfortsatz hinter dem Ohr angefasst wird.
Darüber hinaus äußert sich eine Mittelohrentzündung bei Kindern durch unspezifische Krankheitsanzeichen wie etwa:
Schüttelfrost und Fieber
Verminderter Appetit und Nahrungsverweigerung
Schwäche
Durchfall und Bauchschmerzen
Erbrechen.
In manchen Fällen kann das Trommelfell bei einer Mittelohrentzündung auch reißen. In dem Fall läuft blutig-eitriges Sekret aus dem Ohr heraus, die Schmerzen lassen dann aber meistens schlagartig nach. Ein etwas veränderte Symptomatik zeigen ältere Kinder und Jugendliche bei einer Mittelohrentzündung. Ab dem vierten Lebensjahr geben einige Kinder an, dass sie schlechter hören können. Ältere Kinder leiden im Vergleich zu jüngeren auch nicht so häufig unter einer erhöhten Körpertemperatur.
Mittelohrentzündung Verlauf
Im Allgemeinen heilt eine Otitis media innerhalb von zwei bis drei Tagen von allein und komplikationslos wieder aus. Wenn sich aber zu hohe Sekretmengen im Mittelohr ansammeln und schließlich auf das Trommelfell drücken, kann dieses einreißen. Die Schmerzbeschwerden lassen dann jedoch nach und es beginnt eine zähe, manchmal eitrig-blutige Flüssigkeit nach außen in den Gehörgang zu fließen. Dieser Ohrenfluss wird in der medizinischen Fachsprache als „Otorrhoe“ bezeichnet und kann einige Tage bis Wochen andauern. In dieser Zeit verheilt der meistens nur feine Trommelfellriss im Allgemeinen von selbst.
Mögliche Komplikationen bei einer Otitis media
Zu den seltenen, jedoch schwerwiegenden Komplikationen gehört die Warzenfortsatzentzündung, in der Fachsprache als Mastoiditis bezeichnet. Dazu kommt es, wenn die Entzündung aus dem Mittelohr auf den Schädelknochen hinter dem Ohr übergeht. In einem solchen Fall kommt es zu einer sehr schmerzhaften Schwellung hinter dem Ohr sowie zu einer abstehenden Ohrmuschel.
Kommt es zu einer entzündlichen Beteiligung des Innenohrs sowie des Gleichgewichtsorgans, so kann das in sehr seltenen Fällen zu Schwindel sowie einem bleibenden Hörverlust führen.
Eine weitere mögliche, jedoch sehr seltene Komplikation einer Mittelohrentzündung kann eine Gehirnhautentzündung (Meningitis) sein. Selten ist auch eine Gesichtsnervenlähmung, eine Blutvergiftung (Sepsis) oder eine Sinusvenenthrombose möglich.
Kommt es immer wieder zu Mittelohrentzündungen, so kann das zu Verwachsungen im Bereich der Gehörknöchelchen führen. Ebenso sind Vernarbungen des Trommelfells eine mögliche Folgekomplikation.
Auch eine dauerhafte Hörstörung, eine sogenannte Schallleitungsschwerhörigkeit, kann als Folge auftreten. Bei immer wiederkehrenden Mittelohrentzündungen kann ein bleibender Defekt im Trommelfell resultieren. Aus diesem Grund ist es wichtig, rechtzeitig einen Arzt zu konsultieren und die Beschwerden adäquat zu behandeln.
Einige Kinder leiden immer wieder unter Mittelohrentzündungen, insbesondere dann, wenn bestimmte Risikofaktoren gegeben sind wie etwa vergrößerte Rachenmandeln. Solche wiederkehrenden Mittelohrentzündungen sollten unbedingt von einem Hals-Nasen-Ohren-Arzt untersucht werden. Kommt es nämlich infolge der Otitis media zu einer Schwerhörigkeit, kann sich das unter Umständen negativ auf die Sprachbildung der Kleinen auswirken. In einem solchen Fall lernen die betroffenen Kinder möglicherweise stark verzögert beziehungsweise stark eingeschränkt zu sprechen.
Chronische Mittelohrentzündung
Eine chronische Mittelohrentzündung ist eine dauerhafte bzw. immer wiederkehrende Otitis. Sie geht mit einem bleibenden Defekt im Trommelfell sowie eitrigem Ohrenausfluss einher. Bei der chronischen Mittelohrentzündung – in der Fachsprache als Otitis media chronica bezeichnet – kommt es wesentlich darauf an, wie weit die Entzündung im Mittelohrbereich vorangeschritten ist. So kann es als Folge zu einer chronischen Knochen- oder Schleimhauteiterung kommen.
Für gewöhnlich geht eine akute Mittelohrentzündung nicht in eine chronische Entzündung über. Die chronische Mittelohrentzündung ist ein eigenständiges Krankheitsbild, das oftmals infolge von Belüftungsstörungen des Mittelohrs entsteht.
Ursachen und Risikofaktoren
Zu einer Mittelohrentzündung kann es beispielsweise infolge einer Nasen-Rachenraum-Infektion kommen, wenn meistvirale (oder seltener auch bakterielle) Erreger über die Ohrtrompete ins Mittelohr gelangen. Rhino- oder Grippeviren können zum Beispiel direkt eine Otitis media hervorrufen.
In selteneren Fällen können die Krankheitserreger auch über den Blutkreislauf ins Mittelohr gelangen, so beispielsweise bei einer Masern- oder einer Scharlach-Otitis.
Es gibt generell auch ganz andere Ursachen für Ohrenschmerzbeschwerden, die von den Betroffenen mit einer Mittelohrenzündung verwechselt werden können, so etwa Luftdruckschwankungen, zum Beispiel beim Tauchen oder Fliegen. Auch Zahnerkrankungen, Mandel-, Kiefer- oder Rachenerkrankungen können Ohrenschmerzen hervorrufen.
Es gibt aber bestimmte Risikofaktoren, die eine Mittelohrentzündung begünstigen können:
Lebensalter: Am häufigsten zeigt sich eine Mittelohrentzündung zwischen dem 6. und dem 11. Lebensmonat.
Immunschwäche und Immundefekte
Allergien
Passives Rauchen
Vergrößerte Rachenmandeln und Nasenpolypen (gutartige Schleimhautwucherungen in der Nasenhöhle sowie den Nasennebenhöhlen)
Gaumenspalte
Permanente Verwendung von Schnullern bei Babys
Enger Kontakt zu anderen Kindern, zum Beispiel in der Kita, im Kindergarten oder im Hort.
Kein Stillen des Babys während der ersten Lebensmonate.
Therapie
Wie die genaue Therapie einer Mittelohrentzündung im Einzelfall aussieht, hängt von verschiedenen Faktoren ab, so beispielsweise vom Lebensalter sowie vom Allgemeinzustand des Betroffenen.
Einige Ärztinnen und Ärzte behandeln eine Otitis media immer mit Antibiotika, wobei das aber nur in manchen Fällen wirklich ratsam ist, da sie wie bereits erwähnt meist viral, also durch Viren ausgelöst werden. Meistens heilt eine Entzündung des Mittelohrs nämlich von selbst innerhalb von zwei bis drei Tagen ab. Ein Arztbesuch ist jedoch mit Sicherheit erforderlich, denn der Mediziner kann den Krankheitsverlauf korrekt einschätzen und auf dieser Basis die weitere Therapie veranlassen.
Die Therapie einer Mittelohrentzündung lässt sich folgendermaßen strukturieren:
Linderung der Schmerzbeschwerden
Der Fokus der Therapie liegt auf einer schnellen Linderung der Ohrenschmerzbeschwerden. Hierfür können schmerzlindernde Arzneimittelpräparate wie Ibuprofen oder Paracetamol verwendet werden. Beide schmerzstillenden Wirkstoffe können bereits im Säuglingsalter eingesetzt werden, zum Beispiel als Zäpfchen oder Saft.
Beobachtung des individuellen Krankheitsverlaufs
Insbesondere bei Kindern ab dem zweiten Lebensjahr sowie bei erwachsenen Personen sollte der konkrete Verlauf einer Entzündung des Mittelohrs zunächst einmal beobachtet (also ohne Antibiotikum behandelt) werden. Die meisten Betroffenen sind bereits am nächsten Tag wieder beschwerdefrei. Bis zur vollständigen Genesung können jedoch bis zu 14 Tage vergehen.
Eine Antibiotika-Gabe ist in folgenden Fällen empfehlenswert:
Bei Fieber über 39 Grad sowie bei starken Ohrenschmerzen.
Bei Kleinkindern unter zwei Jahren, die unter einer beidseitigen Otitis media leiden.
Bei Babys unter 6 Monaten, auch wenn es nur auf einer Seite entzündet ist.
Kinder mit Risikofaktoren wie zum Beispiel einer Immunschwäche, einer Gaumenspalte oder einem Down-Syndrom (Trisomie 21).
Wenn nach rund 2-3 Tagen noch keine Besserung der Krankheitssymptome eintritt.
Antibiotische Therapie
Lange Zeit galt Antibiotika als Standardtherapie bei einer Entzündung des Mittelohrs. Mittlerweile ist jedoch bekannt, dass diese Behandlungsmaßnahme nur in bestimmten Ausnahmefällen sinnvoll ist, so etwa bei:
einem schlechten Allgemeinbefinden
hohem Fieber
Durchfall
anhaltendem Erbrechen.)
Das Mittel der ersten Wahl ist dabei in der Regel das Antibiotikum Amoxicillin. Die medikamentöse Therapie muss im Vorfeld natürlich immer mit der behandelnden Ärztin bzw. dem Arzt besprochen werden.
Therapie der Otitis media mit Ohren- und Nasentropfen
Abschwellende Nasensprays fördern zum einen die Mittelohrbelüftung und zum anderen den Flüssigkeitsabfluss und sollten nach Möglichkeit bei einer Mittelohrentzündung unterstützend angewendet werden.
Nasensprays sollten aber nur in Absprache mit dem Kinderarzt verwendet werden. Sprays und Tropfen für Erwachsene sind beispielsweise für Kinder nicht geeignet! Hier muss also zu speziellen Präparaten gegriffen werden. Die Konzentration der enthaltenen Wirkstoffe muss dabei dem Gewicht sowie dem Lebensalter des erkrankten Kindes angepasst werden. Die meisten abschwellenden Nasentropfen sind erst ab dem ersten Lebensjahr zugelassen. Babys sollten im Zweifelsfall Salzwassertropfen erhalten.
Bei deutlich längerer Anwendung können Nasensprays und Nasentropfen die Schleimhaut der Nase stark austrocknen und schädigen. Im schlimmsten Fall könnte sogar eine Abhängigkeit entstehen.
Ohrentropfen dürfen nur verwendet werden, wenn die Ärztin oder der Arzt sie anordnet. Sie sind auch nur dann wirksam, wenn ein Trommelfelldefekt vorliegt, denn sonst können sie nicht durch das Trommelfell zum Mittelohr vordringen.
Operativer Eingriff
Eine Trommelfellschädigung im Rahmen einer Otitis media heilt in den meisten Fällen spontan aus, ganz ohne einen operativen Eingriff.
Eine chronische Mittelohrentzündung und die daraus resultierende chronische Knocheneiterung bedarf aber oftmals einer Operation. Dabei wird vom Operateur die defekte Trommelfellstelle durch ein Gewebetransplantat, meist in Vollnarkose, verschlossen.
Bei Komplikationen wie hohem Fieber oder einer beginnenden Entzündung des Innenohres (Schwindel, Gesichtsnervenlähmung) muss das Trommelfell eröffnet werden. Durch diesen entlastenden Einschnitt wird die Ohrtrompete wieder frei und die Mittelohrbelüftung kann wiederhergestellt werden. Dieser operative Vorgang wird in der medizinischen Fachsprache als Parazentese bezeichnet. Er findet im Allgemeinen unter örtlicher Betäubung statt, bei Kindern unter Vollnarkose.
Was Sie selbst tun können
Die Symptome einer Mittelohrentzündung lassen sich auch mit Hausmitteln lindern, diese können jedoch eine ärztliche Therapie keinesfalls ersetzen.
Folgende Hausmittel kommen klassischerweise zur Anwendung:
Wadenwickel zur Linderung des Fiebers.
Mit Kamillenblüten oder Zwiebeln befüllte Säckchen, die auf das schmerzende Ohr gelegt werden. Das Stoffsäckchen wird dabei leicht in der Mikrowelle erwärmt und ungefähr 30 Minuten auf das betroffene entzündete Ohr gelegt.
Wärme in Form von Rotlichtlampen oder Wärmekissen kann ebenfalls Schmerzbeschwerden lindern. Achten Sie aber hier bitte unbedingt darauf, dass keine Verbrennungen entstehen. Manche Patientinnen und Patienten empfinden auch Kälte angenehmer als Wärme.
Tipps zur wirksamen Prävention einer akuten Mittelohrentzündung
Bei einer Erkältung sollte rechtzeitig zu abschwellenden Nasensprays bzw. Tropfen gegriffen werden, denn diese unterstützen eine optimale Mittelohrbelüftung. (Diese können durch Meerwasser-Nasensprays unterstützt werden.
Mediziner empfehlen inzwischen eine allgemeine Schutzimpfung von Kindern gegen Pneumokokken.
Ist das Kind erkältet, sollte in puncto Schwimmen, kalte Zugluft sowie nasse Haaren besondere Vorsicht an den Tag gelegt werden.
Im Umfeld von Säuglingen und kleinen Kindern sollte unter keinen Umständen geraucht werden.
Stillen kann vor Entzündungen des Mittelohrs schützen, denn es stärkt die gesamte kindliche Immunabwehr.
Babys sollten nicht zu lange am Schnuller oder an Milchflaschen nuckeln.