Bipolare affektive Störung

Eine bipolare Störung ist eine chronische psychische Krankheit, bei der die Betroffenen phasenweise extrem entgegengesetzte Stimmungen erleben. Manische Phasen mit übersteigerten Hochgefühlen wechseln sich ab mit depressiven Gefühlslagen, in denen die Betroffenen unter einem starken Stimmungstief leiden. Bekannt ist die bipolare Störung umgangssprachlich auch unter der Bezeichnung „manisch-depressive Erkrankung“. Erfahren Sie hier mehr über diese affektive Störung.
Das passiert bei der bipolaren affektiven Störung
Genau wie die Depression gehört auch die bipolare Störung zu den affektiven Störungen. Das bedeutet, dass die Krankheit eine Auswirkung auf die Emotionen der Betroffenen hat.
Menschen mit einer bipolaren Störung erleben starke Stimmungsschwankungen, für die es in den meisten Fällen keinen konkreten Auslöser gibt. Diese Stimmungsschwankungen bewegen sich zwischen zwei entgegengesetzten Extremen, nämlich von überschwänglichen, unruhigen und sprunghaften Hochphasen (Manie) bis hin zu extremen Tiefphasen der Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit (Depression). In der Regel überwiegen die depressiven Phasen.
Aufgrund dieser abwechselnden Stimmungsphasen wird die bipolare Störung umgangssprachlich auch als „Manische Depression“ bezeichnet.
Diese affektive Störung betrifft Schätzungen zufolge 1-3 % der Bevölkerung.
Im ICD-10, dem internationalen Krankheitsverzeichnis, findet sich die bipolare affektive Störung im Kapitel „Psychische und Verhaltensstörungen/affektive Störungen“ unter den Nummern F31.0-F31.9.
Die unterschiedlichen Formen bipolar affektiver Störungen
Bei einer bipolar affektiven Störung wechseln sich in unregelmäßigen Zeitabständen Phasen mit einem auffälligen Stimmungshoch (manische Phasen) mit Episoden gedrückter Stimmung (depressive Phasen) ab. Dennoch handelt es sich bei der bipolaren Störung nicht um ein einheitliches Krankheitsbild.
Vielmehr gibt es unterschiedliche Erscheinungsformen, die wie folgt voneinander unterschieden werden können:
Bipolar-I-Störung
Bei dieser Erscheinungsform wechseln sich manische und depressive Phasen miteinander ab.
Depressive Episode: dauert mindestens zwei Wochen an.
Manische Episode: dauert mindestens sieben Tage an. Die manische Episode ist stark ausgeprägt und genau das ist der Unterschied zur Erscheinungsform „Bipolar-II-Störung“.
Bipolar-II-Störung
Bei dieser Erscheinungsform kommt es zu depressiven Phasen mit mindestens einer hypomanischen Episode (schwächer ausgeprägte Form der Manie. Hypo=drunter, darunter, Unterentwicklung).
Die hypomanische Episode kann vor allem anhand von zwei Kriterien von der manischen unterschieden werden, nämlich hinsichtlich ihrer Dauer sowie der vorliegenden Symptome:
Dauer: Eine hypomanische Episode dauert mindestens vier Tage lang.
Symptome: Anstatt einem schnellen, sprunghaften Denken (Ideenflucht) sowie Gedankenrasen (Manische Symptome) kommt es im Rahmen einer hypomanischen Phase verstärkt zu Symptomen wie Konzentrationsproblemen. Bei den Betroffenen lässt sich eine deutliche Antriebssteigerung und in manchen Fällen auch eine gehobene oder leicht gereizte Stimmung beobachten. Das Schlafbedürfnis ist vermindert, ebenso die Fähigkeit zur Selbstkritik. Die Betroffenen beschreiben sich selbst als körperlich und psychisch stark leistungsfähig. Besonders auffällig sind im sozialen Rahmen auch die erhöhte Gesprächigkeit sowie ein gesteigerter Sexualtrieb.
Rapid Cycling
Hierbei handelt es sich um eine Sonderform der bipolar affektiven Störung. Sie kennzeichnet sich durch einen besonders raschen Wechsel zwischen manischen Stimmungshochs und depressiven Episoden. Innerhalb eines Jahres kommt es zu mindestens vier voneinander abgrenzbaren Phasen.
Diese Erscheinungsform macht ungefähr 20 % der Fälle aus. Betroffen sind in erster Linie Frauen.
Zyklothymie
Bei dieser Erscheinungsform lässt sich über eine Zeitspanne von mindestens 24 Monaten eine instabile Stimmung beobachten. Diese Stimmungslage ist allerdings nicht so stark ausgeprägt, dass die Kriterien einer Manie bzw. einer – zumindest mittelgradigen – Depression erfüllt wären.
Symptome
Mediziner differenzieren bei der bipolaren Störung vier unterschiedliche Arten von Episoden: Die klassischen Episoden der Manie sowie der Depression sowie hypomanische und gemischte Episoden.
In einigen Fällen folgt auf eine manische Phase eine Episode der Depression, entweder als Nachschwankung oder später als Einzelphase. In anderen Fällen läuft es genau umgekehrt: Auf eine depressive Episode folgt eine manische Phase, wiederum entweder als Nachschwankung oder als isolierte Einzelepisode.
Symptomatik der depressiven Episode
Die Symptome depressiver Phasen gleichen dem Krankheitsbild einer Depression.
Hauptsymptome über eine Zeitspanne von mindestens zwei Wochen
Antriebsminderung
Freudlosigkeit
Interesselosigkeit
Depressive Verstimmung.
Zusatzsymptome:
Selbstvorwürfe
Schuldgefühle
Suizidgedanken
Verminderter Appetit
Schlafstörungen
Unentschlossenheit
Verminderte Konzentrationsfähigkeit
Vermindertes Selbstwertgefühl
Innere Unruhe (agitierte Psychomotorik).
Einige Betroffene empfinden auch Schmerzen und diverse Beschwerden an unterschiedlichen Körperstellen. Hierzu gehören:
Herzprobleme
Magen- und Darmbeschwerden
Atemnot
Schwindelgefühle
Kopfschmerzen
Erektionsstörungen.
Während einer depressiven Episode haben die Betroffenen oftmals eine sehr ausdruckslose und starre Mimik. Zudem sprechen sie meistens sehr leise und antworten zeitverzögert.
Symptomatik der manischen Episode
In manischen Phasen wirken die Emotionen, die Sprache, das Denken und Handeln der Betroffenen völlig übersteigert. Die Betroffenen sind sehr euphorisch, haben nur ein geringes Schlafbedürfnis und haben sehr viel Energie. Die Stimmung ist entweder auffällig überdreht oder gereizt. Die betroffenen Personen haben einen starken Rededrang und wirken zudem sehr sprunghaft, überaktiv, impulsiv und unkonzentriert.
Typischerweise kommt es auch zu einer völligen Selbstüberschätzung der Betroffenen. Sie entwickeln ein sehr risikobereites Verhalten und wirken insgesamt auf Außenstehende leichtsinnig. Einige Betroffene geben beispielsweise viel Geld aus, ohne im Vorfeld wirklich darüber nachzudenken, andere fangen überdimensional große Projekte an, die rechtliche oder finanzielle Schwierigkeiten nach sich ziehen können.
Zu einem großen Problem kommt es auch, wenn die sozialen Hemmungen verloren gehen: Die Betroffenen sprechen dann willkürlich fremde Mitmenschen an und neigen zu offenen Sexual- oder Annäherungsversuchen.
Während einer manischen Phase liegen somit mindestens drei der folgenden Symptome vor:
übersteigerte Aktivität
Rast- und Ruhelosigkeit
Rededrang
Gedankenrasen
Verlust sozialer Hemmungen
hohes Maß an Kreativität
Ideenflucht (schnelles sprunghaftes Denken)
vermindertes Schlafbedürfnis
hohe Ablenkbarkeit
falsche (zu hohe) Selbsteinschätzung
ständiger Wechsel zwischen unterschiedlichen Aktivitäten
rücksichtsloses, fruchtloses und abenteuerliches Verhalten
gesteigerte Libido.
Mehr als zwei Drittel der betroffenen Personen zeigen weiter psychotische Symptome wie etwa Größenwahn, Verfolgungswahn oder Halluzinationen.
Symptomatik der hypomanischen Episode
In einigen Fällen treten manische Symptome auf, jedoch in einer abgeschwächten Form. In einem solchen Fall sprechen Mediziner von Hypomanie.
Während einer hypomanischen Episode liegen mindestens drei der folgenden Symptome vor:
Konzentrationsprobleme
übersteigerte Aktivität
innere Unruhe
Gesprächigkeit
leichte Ablenkbarkeit
Libido-Steigerung
vermindertes Schlafbedürfnis
Wunsch nach Geselligkeit
leichtsinniges und verantwortungsloses Alltagsverhalten.
Charakteristische Manie-Symptome wie zum Beispiel der Verlust sozialer Hemmungen, eine völlige Selbstüberschätzung oder ein übermütiges Verhalten sind bei hypomanischen Phasen kaum bzw. überhaupt nicht vorhanden.
Symptomatik der gemischten Episode
Zusätzlich zu (hypo-)manischen oder rein depressiven Episoden kann es im Rahmen einer bipolar affektiven Störung auch zu gemischten Phasen kommen.
Hierbei zeigt sich ein schneller Wechsel zwischen depressiven sowie (hypo-)manischen Symptomen, meistens innerhalb weniger Stunden. Alternativ kann es auch zu einer Mischung dieser Phasen kommen.
Mediziner sprechen jedoch erst dann von einer gemischten Episode, wenn sowohl (hypo-)manische als auch depressive Symptome die meiste Zeit über mindestens 14 Tage hinweg auftreten.
Grundsätzlich ist eine bipolar affektive Störung mit einem großen inneren Leiden sowie einer erhöhten Suizidgefahr verbunden. Die meisten Selbsttötungsversuche finden nahezu immer während einer depressiven bzw. gemischten Phase statt bzw. unmittelbar danach.
Verlauf
Die bipolare Störung ist eine chronische Krankheit, die einer langfristigen Therapie bedarf. So unterschiedlich die Erkrankung von einem Betroffenen zum anderen auch sein mag, so verläuft sie doch immer in Episoden und Phasen, in denen eine bestimmte Stimmungslage dominiert: manisch oder depressiv.
Zwischen den einzelnen Phasen ist es ein Kommen und Gehen – und das in unregelmäßigen zeitlichen Abständen. Im Schnitt halten jedoch die Phasen der Depression ohne eine entsprechende Therapie rund vier Monate bis zu einem Jahr lang an. Manische Phasen sind im Vergleich dazu wesentlich kürzer. In einigen Fällen können auch depressive oder manische Episoden ineinander übergehen. Auch ein gleichzeitiges Auftreten (gemischte Phase) ist möglich.
Zwischen den akuten Episoden der Erkrankung gibt es – abhängig von der Verlaufsform – mehr oder weniger lange beschwerdefreie Zeitabschnitte.
Bei vielen Betroffenen kommt es zu suizidalen Tendenzen, was noch einmal klar verdeutlicht, wie wichtig eine frühzeitige Diagnose und Therapie ist.
Die meisten Phasen und Episoden der Erkrankung lassen sich in der Regel recht kontrollieren und auch therapieren.
Im Fall einer Rapid-Cycling-Erscheinungsform ist die langfristige Verlaufsprognose eher schlecht, denn die instabile Stimmungslage bleibt häufig auch zwischen den einzelnen Phasen erhalten. Daraus resultieren für die Betroffenen oftmals große Probleme in der Lebensalltagsbewältigung.
Durch eine individuell angepasste Behandlung können viele Patientinnen und Patienten ein großes Stück Lebensqualität wieder zurückerlangen.
Ursachen und Risikofaktoren der bipolar affektiven Störung
Die genauen Ursachen affektiven Erkrankung sind bislang noch nicht abschließend erforscht und geklärt. Es steht jedoch eindeutig fest, dass die Entstehung einer bipolaren Störung auf einem komplexen Zusammenspiel mehrerer Faktoren basiert. Hierzu gehören insbesondere:
Erbliche Faktoren
Die Genetik scheint eine große Rolle zu spielen, allerding keine alleinige. Leiden Verwandte ersten Grades unter einer bipolaren Störung, so zum Beispiel Mutter oder Vater, dann haben die Kinder ein rund 10-Mal höheres Erkrankungsrisiko im Vergleich zu Menschen ohne eine solche erbliche Vorbelastung. Sind sogar beide Elternteile erkrankt, so klettert das Risiko auf bis zu 60 %.
Psychosoziale Faktoren
Auch den individuellen Lebensumständen kommt eine Bedeutung bei der Krankheitsentstehung zu. Insbesondere starke und anhaltende Stressbelastungen scheinen ein Auslöser für manisch-depressive Stimmungsschübe zu sein.
Auch schwere Erkrankungen, traumatische Kindheitserlebnisse, Mobbing bzw. verletzende Erfahrungen wie Trennung, Scheidung oder Tod bedeuten für den Menschen einen großen Stress und eine massive innere Last. Jeder Mensch nimmt Stress auf seine ganze eigene Art und Weise wahr und verarbeitet diesen auch individuell. Einige Menschen haben sich gute Stressbewältigungsmethoden erarbeitet, andere sind hingegen schnell überfordert. Stressauslösende Faktoren sollen die Entstehungsgefahr der bipolaren Störung erhöhen.
Arzneimittelpräparate
Einige Medikamente haben einen großen Einfluss auf die Stimmungslage und können diese auch verändern. Im schlimmsten Fall können sie sogar eine bipolare Störung auslösen. Zu diesen Arzneimitteln gehören vor allem kortisonhaltige Mittel, bestimmte Epilepsie-Präparate, Medikamente gegen Parkinson sowie Alkohol und Drogen wie Marihuana, LSD und Kokain.
Neurotransmitter
Experten zufolge gibt es Hinweise, dass die Verteilung sowie die Regulierung wichtiger Neurotransmitter (Botenstoffe) im Gehirn bei einer bipolar affektiven Störung beeinträchtigt ist. Solche wichtigen Neurotransmitter sind etwa Dopamin, Serotonin und Noradrenalin.
Bei Menschen mit einer Depression konnte vor allem ein Noradrenalin- und Serotoninmangel festgestellt werden. In manischen Hochphasen war hingegen die Dopamin- und Noradrenalin-Konzentration erhöht.
Die Dysbalance der unterschiedlichen Botenstoffe spielt also eine zentrale Rolle. Durch eine medikamentöse Krankheitsbehandlung soll die Freisetzung dieser Botenstoffe im Gehirn gut kontrolliert werden.
Risikofaktoren für einen schweren Krankheitsverlauf
Je früher eine bipolar affektive Störung auftritt, desto negativer ist in den meisten Fällen die Prognose für den Krankheitsverlauf.
Forschungsstudien zufolge haben vor allem junge Patientinnen und Patienten eine höhere Suizidrate. Darüber hinaus zeigen sich bei ihnen noch weitere psychische Störungen.
Zusätzlich zum jungen Ersterkrankungsalter gibt es noch weitere Risikofaktoren:
Weibliches Geschlecht
traumatische Lebensereignisse
gemischte Episoden
psychotische Symptome wie Wahnvorstellungen oder Halluzinationen.
Therapie
Wenn es um die Therapie einer bipolaren Störung geht, muss zwischen einer Akut-Therapie sowie einer Phasenprophylaxe unterschieden werden. Bei der Akuttherapie steht die Minderung der depressiven bzw. der (hypo-)manischen Symptome im Fokus.
Die Phasenprophylaxe ist eine Präventionsbehandlung von (hypo-)manischen oder depressiven Episoden.
Die Akuttherapie einer bipolaren Störung erfolgt in den meisten Fällen in einem Krankenhaus bzw. einer Tagesklinik. Je nach Ausprägung der Erkrankung können noch weitere begleitende Therapien wie beispielsweise eine Psychotherapie zum Einsatz kommen. Auch der Einsatz von Medikamenten ist möglich.
Es ist wichtig, dass die Therapieziele von der Ärztin bzw. dem Arzt zusammen mit der/dem Betroffenen festgelegt werden. Engmaschige Kontrollen sollten ebenso stattfinden, um die aktuellen und wichtigen Behandlungsziele immer wieder neu zu besprechen und den Krankheitsverlauf genau zu kontrollieren.
Medikamentöse Therapie
Welche Medikamente zur Behandlung einer bipolar affektiven Störung verschrieben werden, hängt vom individuellen Krankheitsverlauf ab. Vor einer medikamentösen Behandlung sollten jedoch immer Laborwerte erhoben werden, denn diese spielen für die ärztliche Verlaufsbeobachtung eine entscheidende Rolle. Hier kann die behandelnde Ärztin oder der Arzt gezielter informieren. Zum Einsatz in der Phasenprophylaxe kommen insbesondere stimmungsstabilisierende Mittel, sogenannte Phasenprophylaktika wie etwa Lithium, Valproinsäure oder Antiepileptika.
Ebenso können Antidepressiva zur medikamentösen Behandlung einer bipolaren Störung verschrieben werden, jedoch nur in Verbindung mit stimmungsstabilisierenden Mitteln sowie außerhalb einer gemischten Episode.
Die Arzneimittelwirkungen, mögliche Nebenwirkungen bzw. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sollten im Vorfeld unbedingt mit der behandelnden Ärztin bzw. dem Arzt besprochen werden.
Psychotherapeutische Behandlung
Es ist sehr empfehlenswert, eine medikamentöse Therapie durch eine Psychotherapie zu ergänzen. Diese trägt nämlich wesentlich dazu bei, neue Krankheitsschübe zu verhindern und hilft den betroffenen Personen, möglichst lange Zeit beschwerdefrei zu leben. Die medikamentöse Behandlung kann eine Psychotherapie in der Regel nicht ersetzen.
In der Psychotherapie erlernen die Betroffenen:
mögliche Auslöser für akute Krankheitsschübe frühzeitig zu erkennen und gezielt zu beeinflussen.
die Wirkweise von Medikamenten zu verstehen und nachvollziehen zu können, warum die Arzneimittelbehandlung so wichtig für sie/ihn ist
erste Anzeichen einer manischen Phase oder einer depressiven Episode zu erkennen und gezielt entgegenzusteuern.
erfolgreiche Problembewältigungsstrategien für den Alltag.
gezielt Zukunftsängste oder Ängste vor einem Krankheitsrückfall abzubauen.
einen strukturierten und geregelten Tagesablauf zu gestalten, so beispielsweise auf feste Schlaf- und Wachzeiten zu achten.
Der exakte Therapieinhalt hängt wesentlich davon ab, ob die erkrankte Person sich gegenwärtig in einer beschwerdefreien Phase befindet oder gerade eine akute Krankheitsepisode durchlebt. Patientinnen und Patienten, die sich in einer manischen Phase befinden, empfinden fast nie einen Leidensdruck und haben dementsprechend auch keine Therapiemotivation. Während einer manischen Phase kommt es beispielsweise besonders darauf an, zu viele Außenreize zu vermeiden. Während einer depressiven Episode kann eine Therapie hingegen gezielt dafür sorgen, dass die betroffenen Patientinnen und Patienten wieder aktiver werden.
Zur Behandlung einer bipolar affektiven Störung haben sich bislang vor allem drei verschiedene Verfahren bewährt:
Kognitive Verhaltenstherapie
Hier erlernen die Betroffenen, die ersten Anzeichen akuter Krankheitsphasen zu erkennen, Stressbelastungen zu mindern und mit auftretenden manischen bzw. depressiven Symptomen richtig umzugehen.
Familienfokussierte Therapie (FFT)
Hier werden die Angehörigen der Betroffenen gezielt in die Therapie miteinbezogen. Gemeinsam mit den Erkrankten lernen sie, einen strukturierten Tagesablauf zu befolgen und Rückfällen vorzubeugen. Auch gute Konfliktlösungsstrategien werden hier erlernt.
Interpersonelle und soziale Rhythmustherapie (IPSR)
Hier erlenen die betroffenen Personen Lösungen für zwischenmenschliche Konflikte zu finden. Darüber hinaus soll ein geregelter Alltagsablauf sowie ein ausgewogener Schlaf-wach-Rhythmus Stimmungsschwankungsphasen verhindern.
Sonstige nicht-medikamentöse Therapiemöglichkeiten
Zur Behandlung einer bipolaren Störung stehen auch noch weitere nicht-medikamentöse Therapiemöglichkeiten zur Verfügung:
Elektrokrampftherapie
Diese Therapie kommt erst dann zum Einsatz, wenn bisherige Maßnahmen wie zum Beispiel eine Psychotherapie oder eine medikamentöse Therapie, keinen Erfolg erbringen konnten.
Bei dieser Therapie wird die Patientin bzw. der Patient in eine Vollnarkose versetzt. In dieser Zeit wird mithilfe eines leichten Stromstoßes ein leichter Krampfanfall ausgelöst, der bis zu 40 Sekunden andauern kann. Der Patient kann sich nach dem Aufwachen an den Krampfanfall nicht mehr erinnern.
Diese Form der Therapie ist nicht gefährlich, sondern kann dabei helfen, dass sich die Stimmungslage des Betroffenen verbessert. Die Wirkungsweise der Therapie wurde von der Wissenschaft bisher noch nicht ausreichend geklärt.
Wachtherapie
Diese Therapie wird bei schweren Depressionen eingesetzt und meistens durch eine zusätzliche medikamentöse Behandlung ergänzt. Bei der Wachtherapie geht es darum, dass die Patientin bzw. der Patient über eine gewisse Zeitspanne wachgehalten wird. Diese Zeitspanne darf maximal 40 Stunden dauern.
Die stimmungsaufhellende Wirkung ist zwar nicht von sehr langer Dauer, zeigt dem Patienten aber trotzdem, dass es möglich ist, die depressiven Episoden zu überwinden.
Für Betroffene, die unter einer gemischten Episode, also unter manischen und depressiven Beschwerden leiden, ist eine solche Therapiemaßnahme nicht geeignet.
Sonstige mögliche Behandlungsverfahren
Zusätzlich zu den genannten Therapieverfahren sind auch unterstützende Maßnahmen von großer Bedeutung. So können Entspannungsverfahren zum Beispiel Symptome wie Schlafstörungen, Ängste, innere Unruhe und Gereiztheit lindern.
Bewegungs- und Sporttherapien können von negativen Reizen ablenken. Durch die Interaktion mit anderen Mitmenschen verbessert sich zudem die Stimmung nachhaltig.
Auch ergotherapeutische Maßnahmen können für Menschen mit einer bipolaren Störung sehr sinnvoll sein, um weiterhin bzw. erneut an zentralen Alltagsbereichen wie Beruf, Freizeitgestaltung oder Haushaltsführung teilhaben zu können.
Auch diverse künstlerische Behandlungsverfahren wie etwa eine Tanz-, Kunst- oder Musiktherapie können einen positiven Einfluss auf die psychische Gesundheit der Betroffenen haben. Kreatives Arbeiten ist für die Betroffenen sehr förderlich und positiv.
Was Sie selbst tun können
Besuchen Sie eine Selbsthilfegruppe und tauschen Sie sich dort offen mit anderen betroffenen Patientinnen und Patienten aus. Es ist wichtig und hilfreich, voneinander zu lernen.
Nehmen Sie auch Hilfe in Anspruch: Verschiedene psychosoziale Dienste bieten gezielte Unterstützung für den Lebensalltag an.
Diese affektive Erkrankung begleitet die Betroffenen häufig lebenslang. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig zu lernen, mit der Krankheit umzugehen. Nur auf diese Weise kann eine gute Lebensqualität sichergestellt werden.