Ejaculatio praecox - Vorzeitiger Samenerguss

Der lateinisch-wissenschaftliche Ausdruck "Ejaculatio praecox", kurz EP, bezeichnet in der Medizin einen vorzeitigen Samenerguss, der für die betroffenen Männer einen hohen Leidensdruck darstellt. Neben der Impotenz (medizinisch als erektile Dysfunktion bezeichnet) ist die Ejaculatio praecox eine der häufigsten sexuellen männlichen Funktionsstörungen. Bei dieser sexuellen Störung findet die männliche Ejakulation zu frühzeitig statt. Doch nicht bei jedem Mann, bei dem es gelegentlich nach einer kurzen Stimulation zu einer vorzeitigen/schnellen Ejakulation kommt, besteht ein Handlungsbedarf.
Lesen Sie hier alles Wichtige zu diesem Thema und erfahren Sie, welche Selbstmaßnahmen Sie selbst ergreifen können.
Das passiert bei einer Ejaculatio praecox
Der medizinische Fachbegriff "Ejaculatio praecox" bezeichnet einen vorzeitigen Samenerguss. In einem solchen Fall kann der betroffene Mann den Zeitpunkt des Samenergusses (Ejakulation) nicht eigenmächtig steuern und der Orgasmus-Reflex wird frühzeitiger als gewünscht ausgelöst.
Die Definition eines vorzeitigen Samenergusses berücksichtigt vor allem drei wichtige Grundaspekte:
Die kurze Dauer (1-2 Minuten) vom Eindringen in die Scheide bis zur Ejakulation.
Der Verlust der bewussten Ejakulationskontrolle.
Der Leidensdruck des betroffenen Patienten sowie seiner Partnerin/seines Partners.
Im Extremfall ist es den Betroffenen sogar unmöglich, überhaupt erst in die Vagina der Partnerin einzudringen oder allein der Gedanke an eine erregende Situation löst einen Orgasmus aus. Das kommt aber in eher selteneren Fällen vor. Bei den meisten Betroffenen kommt es während des Einführens des Penis in die Scheide oder unmittelbar danach zum Samenerguss.
In der Regel brauchen gesunde Männer im Schnitt 5,4 Minuten, bis sie zum sexuellen Höhepunkt kommen. Bei Männern, die unter einer Ejaculatio praecox leiden, beträgt diese sogenannte "intravaginale Ejakulationszeit" (Latenzzeit) meist weniger als 1 bis 2 Minuten.
Kommt es gelegentlich zu einem vorzeitigen Samenerguss, so hat das noch nicht automatisch einen pathologischen Wert. Erst wenn es in mehr als Dreiviertel der Versuche (70 %) dazu kommt, sprechen Mediziner*innen von einer Ejaculatio praecox.
Viele Männer sind von einer vorzeitigen Ejakulation betroffen. Wie viele es tatsächlich sind, lässt sich aber nicht exakt benennen. Experten schätzen, dass rund jeder vierte bis fünfte Mann darunter leiden könnte, die Dunkelziffer ist vermutlich noch wesentlich höher.
Die wenigsten betroffenen Männer wenden sich mit diesem Problem an einen Arzt, obwohl der seelische Leidensdruck für sie sehr hoch ist. Die Betroffenen schämen sich oft, dem Urologen, die Beschwerden offen zu schildern und so bleibt dieses Tabu-Thema oftmals unausgesprochen. Dabei gibt es viele zielführende Therapieansätze, um eine Ejaculatio praecox effektiv in den Griff zu bekommen.
Im ICD-10, dem internationalen Krankheitsverzeichnis, findet sich die Ejaculatio praecox im Kapitel "Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren" unter der Nummer F52.4.
Symptome
Eine Ejaculatio praecox zeichnet sich durch folgende Anzeichen aus:
Der Samenerguss erfolgt noch während beziehungsweise sehr kurz (ca. ein bis zwei Minuten) nach dem Eindringen des männlichen Gliedes in die weibliche Vagina.
Der betroffene Mann kann den Zeitpunkt des eigenen Samenergusses nicht mehr willentlich steuern.
Der Leidensdruck des Patienten sowie seiner Partnerin/seines Partners.
Die Ejaculatio praecox wird im Allgemeinen erst dann zum Problem, wenn es in der Mehrzahl der sexuellen Kontakte dazu kommt und einer bzw. beide Partner den Geschlechtsverkehr demzufolge als unbefriedigend empfinden.
Verlauf
Eine vorzeitige Ejakulation kann für den betroffenen Mann zu einer massiven Belastung werden. Auch die Partnerin/der Partner und somit die gesamte Beziehung wird davon belastet.
Faktoren wie ein vermindertes Selbstwertgefühl, anhaltende Stressbelastungen, innere Anspannungen oder ein Vermeidungsverhalten können die Beschwerden der Betroffenen noch weiter verstärken und Folgeprobleme wie etwa eine Erektionsstörung (erektile Dysfunktion) hervorrufen. Von rein organischer (körperlicher) Seite ist eine Ejaculatio praecox nicht mit negativen Auswirkungen verbunden.
Ursachen und Risikofaktoren
Lange Zeit vertraten Mediziner*innen die Meinung, dass rein psychologische Probleme hinter einem vorzeitigen Samenerguss stecken. Zwischenzeitlich sind die Forschungen deutlich vorangeschritten und ein neuer Standpunkt wurde eingenommen: Die Ejaculatio praecox ist in seltenen Fällen auch auf körperliche Auslöser zurückzuführen.
Darüber hinaus kann der vorzeitige Samenerguss auch die Nebenwirkung einer Medikamenteneinnahme sein.
Ebenso kann es infolge eines übermäßigen Drogen- oder Alkoholkonsums dazu kommen.
Psychische Ursachen einer Ejaculatio praecox
Starke Aufregung
Übermäßiger Stress
Depressionen
Ängste bezüglich der "Eigenleistung" sowie des eigenen Auftretens beim Geschlechtsverkehr
Beziehungsprobleme
Anderweitige große Sorgen (zum Beispiel finanzielle Sorgen)
Sexuelle Kindheitstraumata
Restriktive Sexualerziehung
Unrealistische Vorstellung von Sexualität
Einige Männer "üben" in ihrer Jugend ein, schnell eine Ejakulation zu erreichen, weil sie beispielsweise Angst haben, bei der Selbstbefriedigung "erwischt" zu werden. Findet dann der Geschlechtsverkehr in einer entspannten Atmosphäre statt, so kann es trotzdem unter Umständen zu einem sehr schnellen Samenerguss kommen.
Körperliche Ursachen einer Ejaculatio praecox
Mediziner*innen unterscheiden grundsätzlich zwischen folgenden beiden Erscheinungsformen:
a. Primäre Ejaculatio praecox (angeborene Form)
Bei dieser Form kommt es bereits beim ersten sexuellen Erlebnis des Mannes zu einer vorzeitigen Ejakulation. Die Symptomatik bleibt bei den Betroffenen für das restliche Leben bestehen.
Gemäß aktuellen Forschungen scheint bei den betroffenen Patienten eine erblich bedingte Veränderung im Serotonin-Haushalt für die vorzeitige Ejakulation zu sorgen.
Der Neurotransmitter Serotonin steuert nicht nur den Schlaf-wach-Rhythmus, sondern ist auch an der Emotionsbildung beteiligt. Somit spielt Serotonin auch beim vorzeitigen Samenerguss eine sehr wichtige Rolle.
Ist der hormonelle Haushalt erblich bedingt verändert, kann sich das auch auf den Samenerguss des Mannes auswirken. Den Betroffenen zeigt sich das meist erst dann, wenn sie beginnen, sexuell aktiv zu sein. Ohne eine adäquate Behandlung stellt sich bei den Patienten aber nicht automatisch eine Besserung ein.
Die konkreten Ursachen einer solchen angeborenen (primären) Form sind bis heute weitestgehend ungeklärt.
Einige wissenschaftliche Forscher vertreten jedoch die Annahme, dass sich die Primärform der Ejaculatio praecox nur sehr schwer mit einer Sexual- oder Verhaltenstherapie behandeln lässt. Viel besser geeignet ist hingegen eine medikamentöse Therapie.
b. Sekundäre Ejaculatio praecox (erworbene Form)
Hierbei handelt es sich um die erworbene Form. Es kommt also plötzlich bei Männern zu einer Ejaculatio praecox, die im Vorfeld noch keine Probleme mit einem vorzeitigen Samenerguss hatten. Die Sekundärform als erworbene Form ist meistens ein Begleitsymptom einer anderen Krankheit.
Mögliche seltene körperliche Ursachen einer Ejaculatio praecox sind:
Krankheiten und Entzündungen der Prostata
Erkrankungen des Nervensystems wie etwa Multiple Sklerose
Diabetes mellitus
Funktionsstörungen der Schilddrüse
Hypersensibilität der Eichel oder der Penishaut
Erektile Dysfunktion (Impotenz)
Liegt der vorzeitigen Ejakulation eine körperliche Ursache zugrunde, so ist das ein Fall für den Facharzt. Durch eine adäquate Therapie der zugrundeliegenden Erkrankung verschwindet die Ejaculatio praecox meist.
Therapie
Die exakte Behandlung richtet sich immer nach der zugrundeliegenden Ursache. Zu den wissenschaftlich fundiertesten und empfohlenen Therapiemethoden gehören zum einen die Sexualtherapie sowie Medikamente und zum anderen psychotherapeutische Behandlungsansätze. Im Idealfall sollten diese beiden Behandlungsformen miteinander kombiniert werden.
Darüber hinaus können manchmal auch Hausmittel oder Verhaltenstechniken hilfreich sein.
Vor Therapiebeginn sollte immer eine umfassende ärztliche Untersuchung stattfinden, um mögliche zugrundeliegende Erkrankungen sicher ausschließen zu können. Hierzu gehört beispielsweise eine Schilddrüsenerkrankung, ein Diabetes oder auch eine Prostataentzündung.
Medikamentöse Therapie einer Ejaculatio praecox
Die medikamentöse kann auf zweierlei Art und Weise erfolgen, nämlich entweder systemisch, das bedeutet innerlich oder topisch, äußerlich.
Innerliche medikamentöse Therapie
Dem vermeintlichen Mangel des Botenstoffs Serotonin scheint insbesondere bei der primären Ejaculatio praecox eine zentrale Bedeutung zuzukommen. Aus diesem Grund kann die systemische medikamentöse Behandlung mit einem Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) helfen. Auf diese Weise lässt sich der Serotonin-Spiegel im Körper wieder steigern.Äußerliche medikamentöse Therapie
Die meisten betroffenen Patienten haben einen überaus sensitiven und berührungsempfindlichen Penis. Sie sind aus diesem Grund äußerst schnell erregbar, was letztlich auch zu einer vorzeitigen Ejakulation führt.Den Betroffenen kann hier ein Spray oder eine Salbe mit lokal betäubenden Inhaltsstoffen wie etwa Lidocain helfen. Diese Produkte werden direkt vor dem Geschlechtsverkehr auf das Glied des Mannes aufgetragen, um die erhöhte Berührungsempfindlichkeit zu mindern. Wissenschaftlichen Forschungsstudien zufolge lässt sich der vorzeitige Samenerguss dadurch vermeiden.
Eine ähnliche Wirkung haben im Übrigen Kondome, die ebenfalls die Berührungsempfindlichkeit des Penis mindern.
Psychotherapeutische Behandlungsansätze
Wenn persönliche Überforderung, sexuelle Traumata oder große Ängste einer Ejaculatio praecox zugrunde liegen, kann eine Psychotherapie sehr sinnvoll sein.
Einige Fachexperten sehen zudem eine Verbindung zwischen einer vorzeitigen Ejakulation sowie einer sozialen Phobie. Dementsprechend reagieren die Betroffenen auf sexuelle Annäherung mit einem Vermeidungsverhalten, indem sie – unbewusst – die Begegnungsdauer durch einen vorzeitigen Samenerguss verkürzen.
Eine solche Psychotherapie kann als Einzeltherapie, aber auch als Paartherapie durchgeführt werden.
Das können Sie selbst tun
Es gibt bestimmte Methoden und Techniken, mit denen Sie beim Geschlechtsakt die Ejakulation bewusst nach hinten hinauszögern können. Auf diese Weise können Sie den Samenerguss besser selbst kontrollieren:
Start-Stopp-Technik
Bei dieser manuellen Technik wird der männliche Penis bis kurz vor dem sexuellen Höhepunkt stimuliert. Anschließend wird eine Pause gemacht, bis der Ejakulationsdrang vorüber ist. Diese Methode wird mehrmals wiederholt, damit die Betroffenen ein immer besseres Gefühl für den mittleren Erektionsbereich entwickeln und die Erregung so besser kontrollieren. So lässt sich der Samenerguss für eine bestimmte Zeitspanne hinauszögern.Squeeze-Technik
Hierbei handelt es sich ebenfalls um eine manuelle Technik, die umgangssprachlich auch noch als "Drück-Methode" bekannt ist.
Dabei wird der Zeigefinger auf die Eichelunterseite und der Daumen auf die Eicheloberseite gelegt. Nun werden die Finger leicht zusammengedrückt. Auf diese Weise soll die Erregung gemindert werden.
Nach dem Zusammendrücken sollten Sie ca. 30 Sekunden lang warten und die Übung anschließend mehrmals hintereinander wiederholen.Training des Beckenbodens
Der Beckenboden bezeichnet eine Muskelplatte, die den Bauchraum sowie die Beckenorgane nach unten hin abschließt. Durch spezielle Übungen lässt sich die Muskulatur dieses Beckenbodens gezielt stärken und bewusst bewegen. Manchen Männern kann ein solches Beckenbodentraining bei der Vermeidung einer vorzeitigen Ejakulation helfen.Masturbation vor dem eigentlichen Geschlechtsakt
Eine Selbstbefriedigung vor dem Geschlechtsverkehr soll dafür sorgen, dass das Glied insgesamt berührungsunempfindlicher wird und somit die Erregbarkeit gemindert werden kann. Auf diese Weise soll man dann beim späteren Sexualverkehr länger durchhalten können.Kognitive Technik
Versuchen Sie während des Geschlechtsverkehrs bewusst an etwas Sachliches zu denken, so beispielsweise an anstehende Aufgaben. Das kann den Erregungsgrad wirkungsvoll senken. Für die meisten Betroffenen ist die kognitive Technik aber eher kontraproduktiv und unbefriedigend. Zu sachliche Gedanken beeinträchtigen das gemeinsame erotische Erleben sowie die emotionale Nähe zueinander.Reden Sie ehrlich miteinander!
Bleiben Sie in einem offenen Austausch mit Ihrer Partnerin oder dem Partner. Auch wenn Sie selbst der Meinung sind, dass Sie zu frühzeitig zum Höhepunkt kommen, so kann es sein, dass das Ihre Partnerin/Ihr Partner nicht stört.Verwenden Sie Kondome
Einigen Männern hilft es, wenn Sie ein Kondom verwenden, dann das macht den Penis weniger sensibel. Durch die Herabsetzung der Sensitivität und Berührungsempfindlichkeit wird auch der Ejakulationsreflex später ausgelöst. Dementsprechend können die Betroffenen länger durchhalten. Probieren Sie es einfach einmal aus.Nicht selbst unter Druck setzen!
Machen Sie sich selbst keinen sexuellen Leistungsdruck, denn das führt nur zu einer Verstärkung der Probleme.